Algerien 2009/2010 – Gedanken
Der hier beschriebene Urlaub war, technisch gesehen, eine
Pauschalreise und dementsprechend organisiert: Vollpension,
Aufkleber am Gepäck, fest vorgegebene Tagesetappen, deutsche
Reiseleitung - im Prinzip ähnlich einer Wanderung über das
griechische Festland. Soweit die Thoerie. Man sollte aber jedenfalls
beachten, dass Klima, Vegetation, Landschaft und Infrastruktur in
der Sahara vollkommen anders aussehen, als aus Europa gewohnt und
daher trotz grundsätzlich ähnlicher Organisation durchaus
Abweichungen ergeben können. Es ist jedenfalls sinnvoll, sich
vor der Reise zu überlegen, was man sich davon erwartet, um
nicht enttäuscht zu werden.
- Es beginnt bereits vor dem Abflug: für Algerien ist es (derzeit)
zwar relativ einfach, ein Visum zu bekommen, das kann sich aber
immer wieder einmal ändern, und andere Staaten machen da mitunter
auch größere Schwierigkeiten, teilweise auch sehr kurzfristig. Auch
Flugpläne sind nicht immer so fix, wie sie zu sein scheinen –
wenn man Pech hat, verschiebt sich alles um ein oder zwei Tage, es
werden Zwischenlandungen notwendig oder andere Flughäfen ausgewählt.
Politisch bewegte Zeiten und scharfe Reisewarnungen kommen zu all
dem noch dazu. Es lohnt sich, dabei die Nerven zu bewahren.
- Die Sahara ist eine sehr weitläufige Landschaft. Zu Fuß kann man
nur winzige Bruchteile davon erwandern, und dementsprechend sollte
Abwechslung nicht das Hauptmotiv für eine solche Reise sein. Es
bleibt viel Zeit für Details – wer lieber eine Häufung von
Highlights haben möchte, ist mit einer Reise per Geländewagen
vermutlich besser beraten.
- Das Trekking ist, nach sportlichen Maßstäben beurteilt, sehr
einfach. Höhenunterschiede bewegen sich unter 300 m, Tagesetappen
liegen typischerweise bei etwa 12 km. Das liegt zum Teil an den
Temperaturen, die speziell am frühen Nachmittag eine ausgedehntere
Mittagspause reizvoller erscheinen lassen, als eine längere
Laufstrecke. Teilweise liegt es auch an der begleitenden Karawane,
denn so zügig Kamele in der Ebene unterwegs sind, so wenig mögen sie
stärkere Steigungen oder Gefälle.
- Die Verpflegung muß während der gesamten Tour mitgeführt werden,
was den Speiseplan ein wenig einschränkt. Die Qualität der Speisen
hängt natürlich primär vom mitreisenden Koch ab, ist aber dem
Vernehmen nach auch bei anderen Touren meist ausgezeichnet –
nur die Auswahl ist klarerweise beschränkt. Fleischlos zu essen ist,
wenn man das möchte, kein Problem, auf detaillierte Vorlieben und
Antipathien Rücksicht zu nehmen, geht bei einem Dutzend Mitreisenden
aber einfach nicht.
- Mineralwasser kann in Tamanrasset gekauft und mit der Karawane
mitgeführt werden. Sollte dieser Vorrat nicht ausreichen, muss in
weiterer Folge mit Brunnenwasser Vorlieb genommen werden. Nach
Entkeimung ist dieses ohne Probleme geniessbar, kann aber
geschmacklich natürlich nicht mit unseren Standards mithalten.
- Waschwasser gibt es überall dort, wo Wasser von sich aus an der
Erdoberfläche zu finden ist. Die Zahl und der Füllstand der Gueltas
ist stark von der Jahreszeit abhängig – über den Jahreswechsel
hatten wir drei oder vier Tagesetappen mit Waschmöglichkeit, im
Frühjahr kann sich das mitunter auch deutlich reduzieren.
- Das Verletzungsrisiko ist bei so einer Reise zwar nicht
besonders hoch, dafür ist Hilfe im Fall des Falles weit weg. Die
Wege sind häufig weder mit Fahrzeugen noch aus der Luft erreichbar,
man ist also zum Teil darauf angewiesen, noch mehrere Tagesetappen
zurückzulegen, bis ein Geländewagen für den weiteren Transport zur
Verfügung steht.
- Das Sicherheitsrisiko im Algerien wird zur Zeit von mehreren
europäischen Regierungen als erhöht eingestuft. Die Agenturen sind
in dieser Hinsicht meist recht sorgfältig - immerhin stellt ein
bewaffneter Überfall auch für sie eine immense finanzielle Bedrohung
dar, und durch die Kontakte zu den einheimischen Führern wissen sie
über die Lage in den jeweiligen Regionen gut Bescheid. Dennoch
sollte man sich darüber bewusst sein, ob und welches Risiko man
eingehen möchte.
Ich bin der Meinung, dass alle genannten Punkte erträglich, beherrschbar,
oder wenigstens kalkulierbar sind und würde jederzeit ohne Bedenken wieder
die gleiche Reise unternehmen. Sich das vorher wirklich gut zu überlegen,
und gegebenenfalls im Internet und der einschlägigen Literatur zu
recherchieren, obliegt aber jedem einzelnen. Stellt man erst vor Ort fest,
die Anforderungen unterschätzt zu haben, verdirbt man sich selbst den
teuren Urlaub - und möglicherweise auch noch den der Mitreisenden.